Das Museum im ehemaligen Kaiseroratorium

Seit Herbst 2000 befindet sich im vorher unbenutzten ehemaligen Hoforatorium der Votivkirche ein Museum, das dank der Einsicht in den Kirchenraum quasi im „Dialog“ mit der Kirche begriffen ist. Seit der Eröffnung erfreut sich das Museum eines lebhaften Interesses seitens des internationalen Publikums.

Im Mittelpunkt des Museums steht das Werk des wieder entdeckten Brüderpaares Karl Jobst (1835-1907) und Franz Jobst (1840-1890), die in der Übergangsphase von Historismus zum Jugendstil stehen. Zahlreiche Kirchen und Schlösser in der gesamten Monarchie waren von den Brüdern mit Wandmalereien versehen worden, darunter der Dom von Esztergom und die Universität von Czernowitz. Die Jobst-Brüder malten auch die Votivkirche aus; aus Geldmangel wurden aber nicht alle Vorhaben verwirklicht. In der Votivkirche ist eine außergewöhnlich große Anzahl an Kartons für die Wandmalereien und die verloren gegangenen Glasmalereien erhalten geblieben, die im Museum zu sehen sind.

Neben dem Grabmal des Niklas Graf Salm von Loy Hering (um 1530) befindet sich in der Votivkirche auch der bedeutendste flämische Schnitzaltar, der „Antwerpener Altar“ von 1460. Kaiser Franz Joseph hat den „Antwerpener Altar“ 1858 erworben und auf Anraten seines früheren Erziehers, des damaligen Erzbischofs Kardinal Othmar von Rauscher, in die Votivkirche bringen lassen.

Der „Antwerpener Altar“ ist ein Meisterwerk von europäischem Spitzenrang. Der dreiteilige Altar zeigt in der Mitte die Kreuzigung Christi, in den seitlichen Teilen links die Kreuztragung, rechts die Kreuzabnahme und die Beweinung Christi. Die Mittelgruppe ist in einen nicht aus der Originalzeit stammenden Schrein eingefügt. Faszinierend ist unter anderem die Darstellung des Zugs der Menschen, der die Verurteilten – Jesus und die Schächer – begleitet.

Neben den Werken den Brüder Jobst und dem „Antwerpener Altar“ werden im Votivkirche-Museum liturgische Prunkgeräte aus der Erbauungszeit der Votivkirche im Stil des Historismus, Originalpläne und das Originalmodell zum Kirchenbau gezeigt.

Dr. Arthur Saliger
(Österreichische Galerie Belvedere und Kurator des Museums in der Votivkirche)