Baulicher Zustand und Restaurierung

Im 1. Weltkrieg wurden Glocken und Orgelpfeifen eingeschmolzen. Durch das Ende der Monarchie hatte die Votivkirche an Bedeutung verloren, sodass für die Instandhaltung des Gebäudes kein Geld mehr da war. Bereits 1929 untersuchte man die Schäden durch Rauch und Ruß, die die schwarzen Krusten vor allem an den regengeschützten Außenteilen der Kirche verursacht haben.
Im 2. Weltkrieg wurden Dach und Fenster der Votivkirche schwer beschädigt. Diese Schäden wurden soweit behoben, dass die Votivkirche wieder als Gotteshaus verwendet werden konnte. Eine gründliche Restaurierung erfolgte in den 150 Jahren seit Baubeginn jedoch nie.

Fassade:
Die Votivkirche ist aus den unterschiedlichsten Materialien (Wöllersdorfer, Istrischer, Krainer Gestein und Kalkstein) errichtet. Glatte Quaderflächen bestehen vorwiegend aus Wöllersdorfer, Mannersdorfer und Mühldorfer Kalkstein. Die Natursteine an den bewitterten Flächen weisen teilweise sehr starke Verkrustungen aus Ruß und Schadsalzen auf. Bei den vielen Ziertürmchen (Fialen) sind die Verzapfungen der einzelnen Steinteile teilweise abgerostet bzw. haben tragende Steinteile starke Verwitterungsschäden und sind dadurch absturzgefährdet.

Auch die zahlreichen, teilweise lebensgroßen Sandsteinfiguren zeigen auf Grund des weicheren Materials sehr starke Verwitterungsschäden. Durch eindringendes Wasser in das Sandsteinmaterial sind viele Abplatzungen deutlich sichtbar. Als Folge von eindringendem Wasser und Rostung der Stahlstifte sind ganze Gliedmaßen teilweise an den Nahtstellen gänzlich abgebrochen. Der figurale Schmuck ist in einem äußerst schlechten Zustand und bedarf unbedingt einer fachmännischen Restaurierung.

Bei der Inspektion Ende Februar 2001 mussten rund 200 Steinteile, die abzustürzen drohten, abgenommen werden. Zahlreiche Bauteile konnten nur notdürftig provisorisch gesichert werden. Um weitere Gefährdungen auszuschließen, wurde um die Kirche eine Absperrung errichtet, die jedoch den Zugang in die Kirche ungehindert offen lässt. In den vergangenen zwei Jahren wurde nun bereits die Südportalfassade zur Gänze restauriert. Die Arbeiten werden jetzt an den südlichen Querschifffassaden fortgesetzt.

Der nördliche Turm wurde Ende der neunziger Jahre saniert. Um die Steinmetzarbeiten in Angriff nehmen zu können, müssen vorher sämtliche Teile gereinigt werden. Dies erfolgt durch ein spezielles Verfahren, bei dem mittels Luftdüse Marmor- bzw. Quarzsand im Wirbelstromverfahren über die Steinoberflächen geblasen wird, um Verkrustungen und Verschmutzungen schonungsvoll rein mechanisch zu entfernen. Anschließend werden mürbe und abstehende Oberflächen mit Kieselsäureester gefestigt. Lockere, brüchige und daher absturzgefährdete Steinteile werden an Ort und Stelle mit neuen Nirostaklammern gesichert. In weniger exponierten und daher dem Betrachter abgewendeten Stellen werden die Fehlstellen mit Kunststein geschlossen. Bei Schäden an exponierten Stellen, die für das Erscheinungsbild von Bedeutung sind, werden die Fehlstellen mit Vierungen aus entsprechendem Naturstein steinmetzmäßig angefertigt und eingesetzt. Stark beschädigte oder vollkommen zerrissene, ganze Werkstücke, die nicht mehr der statischen Sicherheit entsprechen, werden ausgebessert und durch neue Werkstücke ersetzt.

Dach und Dachstuhl:
Der aus einer Eisenkonstruktion bestehende Dachstuhl rostet. Die Dachdeckung ist bereits sehr undicht, sodass eindringendes Wasser und Flugschnee Feuchteschäden in den Gewölben verursachen und damit die Malerei im Inneren der Kirche schädigen. Es ist erforderlich, die Rinnenbleiverblechung zu erneuern und ein Unterdach zum Schutz gegen Flugschnee einzurichten. Die gealterten Faserzementschindeln müssen erneuert werden.
Um den Originalbestand wiederherzustellen, soll das Dach wieder mit Naturschieferplatten in der originalen Musterung neu gedeckt werden. Derzeit ist am südlichen Querschiff ein Musterfeld angefertigt, um die Details entsprechend den modernen Anforderungen zu evaluieren. Es werden rund 145.000 Schieferplatten aus Südamerika und Deutschland benötigt, um die Dachfläche von ca. 3.800 Quadratmetern zu decken.
Entsprechend der Bauetappen an den Steinfassaden werden auch die Dachflächen gedeckt, sodass sich die Neueindeckung über Jahre erstrecken wird. Das Giebelziergitter ist in einem äußerst schlechten Zustand und teilweise absturzgefährdet Als besonders schwierig erweisen sich die Restaurierungsarbeiten der Giebelfelder, die ohne Gerüst in 60 Meter Höhe abgenommen und anschließend wieder montiert werden müssen.

Fenster:
Die 111 bleiverglasten Fenster der Votivkirche sind generell reparaturbedürftig. Fehlstellen in den Gläsern und bereits sehr stark verwitterte Verbleiung machen eine Generalsanierung notwendig.

Fassadenplastiken:
Sämtliche Fassadenplastiken und -figuren werden restauriert und konserviert. Die Neuanfertigung fehlender Fassadenplastiken ist nur im Bereich der Wasserspeier (zur Ableitung des Regenwassers) vorgesehen.

Kosten:
Die Gesamtkosten der Außensanierung der Votivkirche werden derzeit vom Bauamt der Erzdiözese Wien auf rund 32 Millionen Euro geschätzt. Die Arbeiten können nur in etwa 20 Jahren durchgeführt werden. Derzeit gibt es nur für die erste Etappe Zusicherungen der Stadt Wien und des Bundes für eine Beteiligung in der Höhe von je einem Drittel der Kosten. Für die gesamte Sanierung wurde nur seitens der Stadt Wien eine Beteiligung in der Höhe von einem Drittel zugesagt.
Da die Votivkirche durch die Initiative des Kaiserhauses, der Kronländer und der Stadt Wien errichtet wurde, ist es den heutigen Kirchenbeitragszahlern nicht zuzumuten, dieses Kulturdenkmal alleine zu erhalten

Architekt DI Harald Gnilsen
Bauamt der Erzdiözese Wien

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